Bei schönem Spätsommerwetter fand am Sonntag, 17. September zum 5. Mal in 2023 ein Spaziergang mit Diskussion der Reihe Walk & Talk statt. Diesmal mit dem Thema „Fair Trade“. Wir waren vom Verein für eine gerechte Welt eingeladen, diesen „Walk“ zu begleiten und das Thema fairer Handel an praktischen Beispielen vorzustellen.
Zuerst haben wir uns am Beispiel Kaffee mit einigen Zahlen vertraut gemacht. Kaffee macht über 30 % der fair gehandelten Produkte aus, wobei nur gut 5 % des getrunkenen Kaffees in Deutschland fair ist. Leider ist die Tendenz hier rückläufig. Des weiteren wurde der Unterschied zwischen fair gehandeltem und konventionellem Kaffee beleuchtet. Bei konventionellem Kaffee bleibt nur etwa 6 % der Wertschöpfung beim Bauern. 8 % geht an den Landeigentümer und gut 40 % ist der Aufwand für Transport, Zölle etc. Der Rest wird dann im Handel fällig (Quelle: Statista).
Eine Musterkalkulation von GEPA zeigt beispielhaft die Verteilung im fairen Handel:
- 31 % beim Handelspartner: Auszahlung an Bauern, Gemeinschaftsprojekte
- 9 % Transport, Rösten, Verpacken
- 16 % Steuern und Lizenzen
- 16 % GEPA
- 28 % Groß- und Einzelhandel
Der momentane Preisanstieg beim Kaffee ist auf allgemein gestiegene Kosten (Lebenshaltung, Transport, Energie) und Missernten zurückzuführen. Das verdeutlicht einen weiteren Pluspunkt des fairen Handels: nicht nur die Arbeitsbedingungen werden verbessert, sondern die Produzierenden auch bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt, z. B. durch Anbau von Misch- statt Monokulturen in sogenannter Agroforstwirtschaft. Ein Agieren auf Augenhöhe und ehrliche Beratung ermöglichen den Bauern vor Ort den nachhaltigen Erhalt ihrer Lebensgrundlage.
In der Diskussion kam auch die Frage nach Siegeln zur Sprache. Sie kosten die Erzeuger*innen Geld. Daher wurde in der Diskussion vorgebracht, dass sie daher vielleicht nicht für alle leistbar sind. Zudem ist die Bedeutung von Siegeln unterschiedlich und ihre Glaubwürdigkeit beruht auf Kontrollen. Grundsätzlich geht es bei Siegeln darum, bestimmte Standards in der Lieferkette sicherzustellen. Im Weltladen wird nur auf bestimmte Siegel gesetzt. Zudem überzeugt man sich z. B. durch Kontakt zu den Herstellern von deren Prinzipien. Das lässt sich übertragen. Wenn Verbraucher*innen die Erzeuger*innen womöglich kennen und sich selbst von den Produktionsbedingungen ein Bild machen können, ist das die kürzeste Kette und damit ein Vorteil von lokaler Beschaffung. Zu berücksichtigen ist dabei noch, dass biologischer Anbau für Mensch und Natur zu bevorzugen ist. Auch im fairen Handel ist noch nicht alles bio, aber Umweltschutz ist eines der 10 Prinzipien im fairen Handel und Erzeuger werden bei der Umstellung unterstützt.
Bei einem Gespräch über regionale Schwerpunkte des fairen Handels wurde aufgezeigt, dass immer mehr faire Produkte auch aus Europa kommen, z. B. Olivenöl oder Nudeln. Das zeigt, dass auch in Europa und sogar in der direkten Nachbarschaft nicht immer alles gut ist. Insbesondere in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsbereich gibt es immer noch viel zu tun, um faire Bedingungen für alle Arbeitskräfte zu schaffen. Dies leuchtete den Spazierenden sofort ein und es kamen viele Anregungen aus dem persönlichen Erfahrungsschatz als Beispiele, in denen etwas nicht gut läuft.
Am süßen Beispiel Schokolade, welche neben leckeren Mangoscheiben ebenfalls gekostet werden durfte, wurde schnell ein weiteres Problem klar: die Teilnehmenden waren ausnahmslos überrascht vom Umstand, dass Deutschland weltweit der größte Exporteur von Schokolade ist (bezogen auf das Jahr 2021, Quelle Statista). Obwohl ja hier zu Lande kein Kakao wächst. Um dem globalen Süden und generell ärmeren Regionen (auch in Europa) zu helfen, muss die Wertschöpfung in den Ländern verbleiben, die die Rohstoffe haben. Ein gutes Beispiel dafür ist Fairafric. Das macht Lieferketten kürzer und effizienter. In der Diskussion wurde argumentiert, dass dadurch weniger Transporte und mehr Klimaschutz entsteht. Mehr Klimagerechtigkeit bedeutet auch mehr Handelsgerechtigkeit.
Wie laut dem Veranstalter SV Fellbach in Kooperation mit dem NABU Fellbach meist beim Walk & Talk, war das knappe Dutzend Teilnehmende auch am Ende der Veranstaltung noch mitten in Diskussionen, die bei einem lokal produzierten Glas Wein in der späten Sommersonne fortgeführt wurden.
Wir bedanken uns für die Einladung und für die tolle Kooperation. Auch dieser Beitrag ist in weiten Teilen aus der Pressemitteilung des Veranstalters übernommen.